Lesen lernen mit Bilderbüchern

Finden Sie es nicht auch schade: Kinder wollen, wenn Sie in die Schule kommen, unbedingt lesen lernen, und zwar damit sie Bücher oder auch die Fernsehzeitung selbst lesen können. Und dann folgt die Enttäuschung: Es werden erst einmal nur Fibeltexte gelesen, à la „Mimi im Auto, Mimi im Haus“. So ein Dadaismus!

Im Rahmen der Methode „Lesen lernen mit Bilderbüchern“ wird eine Sammlung von Bilderbücher, passend zu Buchstabenfolge einer Fibel, erstellt. Auf diese Weise kann die Lehrkraft sowohl die Materialien des Lehrgangs nutzen (Arbeitsblätter, Fibel als Lesebuch für die Eltern zu Hause), als auch die Kinder an das Lesen echter Kinderliteratur von Anfang an heranführen.

Begonnen wurde aus pragmatischen Gründen (meine Schule sowie die Schule meiner Projektmitstreiterinnen verwendeten zu Beginn des Projekts die Fibel „Frohes Lernen“ vom Klett Verlag) mit der Fibel „Frohes Lernen“. Eine Bilderbuchsequenz könnte dazu so aussehen:

Buchstabe Bilderbuch
Phonologisches Bewusstsein (Reimen) Der Hase mit der roten Nase
von Helme Heine, Beltz & Gelberg, Weinheim.
M, A, I Mia und Mama, Mia und Oma
von Martina Baumbach/Catharina Westphal, Gabriel Verlag, Stuttgart/Wien.
O, P Mia und Papa, Mia und Opa
von Martina Baumbach/Catharina Westphal, Gabriel Verlag, Stuttgart/Wien.
S (frei nach) Eine Woche voller Samstage (Schwerpunkt Wochentage, Farben, Schlüsselwort „Sams“)
von Paul Maar, Oetinger Verlag, Hamburg.
L Chamäleon „Leon“ (das Wort „Chamäleon“ wurde nicht gelesen, nur der Eigenname „Leon“), (frei nach) Chamäleon
von Yusuke Yonezu, minedition, Richtenberg.
U, R Rosi saust los (Schwerpunkt Präpositionen im, am, um, Fahrzeuge)
von Anke Knefel/Martina Leykamm, Oetinger Verlag, Hamburg.
T Hallo, wir sind Mara und Timo, (frei nach) Timo Torjäger
von Ulli Schubert, Allitera Verlag, München.

Usw.

Umsetzung: Anlautschriften

Zur Umsetzung des Konzepts wurden die Anlautschriften entwickelt. Mit der Einführung der Anlauttabelle zu Schuljahresbeginn lernen die Kinder die Anlautbilder kennen. Diese werden dann wie überall üblich nicht nur für das Schreiben in Form der Anlauttabelle genutzt, sondern auch beim Lesen mit den Anlautschriften. So können Kinder von Anfang an alle Buchstaben decodieren!

Kiterien zur Auswahl von Bilderbüchern für das Projekt

  • Umsetzung der Buchstabenreihenfolge der Fibel (der neu einzuführende Buchstabe sowie die vorhergehend, schon erlernten sollten idealerweise das Hauptrepertoire der zu nutzenden Buchstaben ausmachen)
  • Hochfrequentes Vorkommen des einzuführenden Buchstabens
  • Schlüsselwörter zum neu zu erlernenden Buchstaben im Buch vorhanden, idealerweise hochfrequent
  • In der Praxis hat es sich als nicht schaffbar erwiesen, für jeden Buchstaben einzeln ein Buch zu lesen. Meist wurden jeweils ca. 3 Buchstaben mit einem Buch erarbeitet. Dabei wurden die Buchstaben wochenweise eingeführt. Die Buchstaben, die noch nicht erlernt waren, wurde wie die anderen mit Hilfe der Anlautschriften entschlüsselt.
  • Klassiker der Kinderliteratur kennen lernen
  • Motivierende Geschichte
  • Themenbreite abdecken: für Jungs und Mädchen, soziale Themen, Naturthemen, …

Didaktische Umsetzung

Meist wurde das Buch in der Klasse gemeinsam gelesen bzw. vorgelesen. Dabei lassen sich sehr gut Maßnahmen zur Sprachförderung (v.a. Aussprache, Wortschatz, Grammatik) sowie Übungen zum Lesen (z.B. Wortkarten mit dem Lesekrokodil erlesen) und Schreiben (z.B. kleine Schreibanlässe: eine Sprechblase zu einem Bild des Bilderbuchs schreiben) gestalten.

Danach stand das Buch in der Klassenbibliothek mit Überklebungen allen Kindern zur Verfügung, nach der Einführungswoche durfte es auch mal für Zuhause ausgeliehen werden.

Kleine Textausschnitte aus dem Buch wurden teilweise auch mit allen Kindern der Klasse gelesen, meist niveaudifferenziert (mehrere Schwierigkeitsstufen).

DasIstMeinEi_Arbeitsmaterialien
Lesen lernen mit Bilderbüchern: Verschiedenste Materialien zum Bilderbuch „Van Zeveren, M. (2011): Das ist mein Ei, Beltz & Gelberg, Weinheim.“

Hilfreich waren im Unterricht Utensilien wie die Leselupe, Lesepfeile, Wortkarten, das Lesekrokodil, Abklebungen im Buch oder Abdeckhilfen sowie Realgegenstände für die Interaktion und zum Nachspielen der Geschichte (z.B. Figuren aus dem Buch als Stabfiguren oder Kuscheltiere, hier das „Ei“ als Ball).

Weiterführende Literatur:

Hier finden Sie die Methode genauer beschrieben:

Reber, K. (2012): Lesen lernen mit Bilderbüchern und Anlautschriften als Ergänzung zu herkömmlichen Leselernverfahren. In: mitSprache 4, 31-47.

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